Die Kalkschulter oder Tendinosis calcarea der Rotatorenmanschette hat sich heutzutage als eigenständiges Krankheitsbild herausgestellt. Therapieverfahren wie die arthroskopische Kalkdepotentfernung und die extrakorporale Stoßwellentherapie haben das Interesse in den vergangenen Jahren neu geweckt.
Als häufige Ursache von Schulterbeschwerden tritt die Kalkschulter typischerweise zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr auf.
Klinisch präsentiert sich die „Verkalkung der Schulter” abhängig vom Erkrankungsstadium unterschiedlich. Dabei unterscheidet man eine akute von einer chronischen Phase. Das Hauptsymptom der akuten Phase sind plötzliche, heftige Schmerzen über einen Zeitraum von 2 bis 3 Wochen. Die Schulter ist auch in Ruhe schmerzhaft, ggf. geschwollen und überwärmt. Der Patient hält den Arm in einer Schonhaltung nahe am Körper und in Innenrotation. Klassisch ist die ausgeprägte Nachtschmerzsymptomatik, ehe die Schmerzen allmählich bis zur völligen Beschwerdefreiheit wieder abklingen.
Aber es kann auch zum Verbleiben der Beschwerden über Monate hinweg kommen (Postkalzifikationstendinitis).
Langsam zunehmende Schmerzen mit Ausstrahlung zum Deltaansatz oder in den Oberarm charakterisieren die chronische Phase von Kalkablagerungen in der Schulter. Nachtschmerzen verhindern, dass der Patient auf der betroffenen Seite liegen kann. Inspektorisch ist die Schulter unauffällig aber schmerzbedingt in der Beweglichkeit eingeschränkt. "Schmerzhafter Bogen-" und Impingementzeichen sind positiv. Die isometrische Krafttestung ist schmerzhaft, wobei die Schwäche schmerzreflektorisch bedingt nur vorgetäuscht ist. Im Rahmen der Bildgebung kann die Sonographie wichtige Hinweise auf die Lokalisation des Kalkdepots geben und eine mögliche Begleitbursitis erkennen. Zur Routinediagnostik der Tendinosis calcarea ist das Nativ-Röntgen jedoch geeigneter.
Bei der Therapiewahl gilt es den natürlichen selbstlimitierenden Verlauf der Kalkschulter zu berücksichtigen. Dabei spielt die Stadieneinteilung eine entscheidende Rolle. Im Rahmen eines entsprechenden Stufenkonzeptes sollte die Behandlung initial konservativ sein. Diese zielt zunächst auf eine Schmerzreduktion mit Hilfe von subacromialen Cortisoninfiltrationen und antiphlogistischen Medikamenten hin. Der Wert einer krankengymnastischen Behandlung im akuten bzw. subakuten Stadium ist eher zurückhaltend zu beurteilen da es durch die mechanische Reizung häufig zu einer Beschwerdezunahme kommt.
Alternativ kann als nicht-invasives Verfahren die extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT) durchgeführt werden. Dieses seit über 2 Jahrzehnten aus der Urologie bekannte Verfahren wurde auf das Krankheitsbild der Kalkschulter übertragen. Die Ergebnisse sind jedoch nicht gut vorher sagbar, zudem treten die Beschwerden bei mehr als der Hälfte der Patienten der nach wenigen Jahren wieder auf.
Nach Ausschöpfen der konservativen Therapiemaßnahmen gilt heute die arthroskopische Kalkentfernung als sicherste und effektivste Behandlungsform. Ziel und primäres Erfolgskriterium ist die Entfernung des Kalkdepots. Der Vorteil der arthroskopischen Technik gegenüber der offenen Kalkentfernung liegt in einer geringeren Morbidität, kürzeren Rehabilitation und früheren Arbeitsaufnahme. Eine ergänzende Akromioplastik sollte nur im Fall eines subacromialen Engpasses mit entsprechender Impingementsymptomatik durchgeführt werden. Die meisten Patienten sind nach 3 Monaten beschwerdefrei.